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Kartoffelbrötchen

Spät in der Nacht sind die Holzbacköfen ausgereizt. Das meiste haben wir gebacken – die Kartoffelbrote und die Dinkelsonnen, die Mühlenbrote und die Bauernlaibe, die Körnerwecken und die Walnußbaguette. Alles ist Handarbeit. Jeder Laib wird von Hand geformt. Nur das Kneten der Teige nehmen uns Maschinen ab.
Nun, in der Nachhitze der Öfen, werden noch die Rosinenbrötchen gebacken. Eine Viertelstunde später riecht die Backstube nach dem süßen Milchgebäck. Draussen im Versand wuseln schon die Fahrer. Packen Brote und Brötchen in Kisten und Körbe. Rufen durcheinander in allen Sprachen der Welt. Zwei streiten wie die Spatzen. Wie immer schreit Cosimo aus Napoli am lautesten. Verwundert schaut Felix zur Tür herein, der Hofkater. Sylvester, sein schwarzer Bruder, reibt sich die Augen, hält sich sonst aber lieber im Hintergrund. Und auch einer der Esel schreit von der Weide her.
Wir sind müde und erschöpft, das Arbeiten am Holzbackofen ist immer wieder eine Herausforderung. Aber noch müssen die Kartoffel geschält werden für die Brote am Sonntag. Zu dritt sitzen wir um die zwei großen Kessel, während nach und nach die Fahrer herein schauen und einen guten Morgen wünschen. Noch ist es tiefe Nacht, aber das Tagwerk ist getan. Der letzte macht das Licht aus. Leichter Rauch liegt in der Luft und im sechsten Ofen glüht schwach noch die Kohle.

Die Kartoffelbrötchen

Heute soll es abends Brötchen geben mit den Kartoffeln der jüngsten Ernte. Dabei sind wir einmal faul und machen keinen Vorteig. Sondern rühren einfach den Teig als Ganzes an und lassen ihn den Tag über stehen. Zur erdigen Kartoffel gesellen sich gerne dunklere Mehle. Unsere Wahl fällt auf das Dinkelmehl der Type 1050, eigentlich ein typisches Bauernbrotmehl. Je höher die Zahl hinter der Type, desto dunkler ist das Mehl, weil auch äußere Schichten des Korns mit vermahlen werden. Genau genommen gibt die Zahl den Mineralstoffgehalt des Mehles an. Bei einem Mehl der Type 1050 heißt das: 1050mg Mineralstoffe sind in 100g Mehl enthalten.

Der Teig

300g
2g
7g
Prise
10ml
ca. 120ml
150g
Dinkelmehl, Type 1050
Hefe
Salz
Muskatnuss
Acerolasaft oder Zitronensaft, optional
Wasser
Kartoffeln, gekocht

Aus den Zutaten mischen wir einen etwa mittelfesten Teig. Dabei achten wir auf die Wassermenge. Erst scheint der Teig zu fest zu werden. Durch die Kartoffeln – und je nachdem, wieviel Wasser die Knollen intus haben – wird die Teigmasse jedoch schnell weicher.
Mir ist eben das passiert. Übermütig habe ich 150ml in den Teig gekippt. Erst kam mir die Masse sehr fest vor. Aber es kommen ja noch einmal 150g Kartoffeln hinein. So ist der Teig zu weich geworden. Das Ergebnis sieht man unten in den Bildern – die Brötchen sind etwas flach gelaufen.
Deswegen zurückhaltend sein mit der Wassermenge. Anfangen mit maximal 120ml. Durch die Kartoffeln, die wir vorher gekocht haben und nun einfach in den Teig hineinreiben, wird die Masse schon noch weicher. Falls der Teig zu fest werden sollte, kann man am Ende immer noch etwas Flüssigkeit nach schütten.
Schließlich reiben wir noch eine Prise Muskatnuss in den Teig, das rundet den Geschmack später etwas ab. In der Bäckerei mischen wir Acerolasaft in die Dinkelteige. Das soll den Kleber und damit den Stand der Teige aus Dinkelmehl stabilisieren. Einen ähnlichen Effekt hat Zitronensaft.

Den Teig in Etappen kneten

Dinkelteige wollen schonend behandelt werden. Wir kneten den Teig daher nicht gleich zu Ende aus, sondern mischen ihn nur so lange, bis sich eine grobe Struktur ergeben hat – siehe Bild unten. Eine viertel bis eine halbe Stunde und einen Capucchino später kneten wir den Teig noch ein paar Mal durch. Schnell wird er glatt und gewinnt an Struktur. Auch den Fenstertest – trotz den Kartoffeln im Teig – können wir machen.

Lange Teigführung – Geschmack und besser bekömmlich

Gemischt und geknetet rastet der Teig die nächsten sechs bis acht Stunden. Weil es Sommer ist und warm, stelle ich die Teigschüssel in den Keller, damit die Hefe nicht so schnell geht. Soll der Teig über Nacht oder länger geführt werden, sollte man die Hefemenge auf 1g reduzieren und die Schüssel mit dem Teig in den Kühlschrank stellen. Dabei ist es ratsam, den Teig erst einmal für zwei Stunden bei Raumtemperatur stehen zu lassen. So kommt der Stoffwechsel der Hefezellen in Gang, bevor er in der Kühle wieder herunter gebremst wird.

Vorteile der langen Teigführung

Bekommen Teige ausreichend Zeit zu quellen, schmecken die Gebäcke nicht nur aromatischer, sondern sind auch besser verdaulich. Durch die lange Teigruhe werden spezielle Zucker – die sogenannten FODMAPS – offensichtlich so weit molekular zerlegt, dass sie für den menschlichen Darm besser verdaulich sind. Die Gebäcke liegen dann nicht so schwer im Magen und blähen einen nicht so auf.

Link der Uni Hohenheim

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Die Aufarbeitung der Brötchen

Sechs bis acht Stunden später machen wir uns daran, die Brötchen aufzumachen. Dazu portionieren wir den Teig in sechs Stücke von grob 90g. Diese schleifen wir rund und setzen sie mit der glatten Seite nach unten zu Drillingen auf dem Backpapier zusammen – siehe Bilder unten.

So lassen wir sie noch einmal für 30 bis 45 Minuten aufgehen und decken sie dabei zu mit einem Küchentuch. In der Zwischenzeit heizen wir Backofen und Backstein auf 240°C auf, schneiden die Drillingen einmal leicht der Länge nach ein und backen die guten Brötchen für etwa 15 Minuten. Dabei reduzieren wir die Hitze gegen Ende der Backzeit auf 210°C und backen die Brötchen aus.

Links oben sieht man den nur grob gemischten Teig. Nach einer kurzen Rastzeit wurde der Teig zu Ende geknetet und wurde glatt – siehe das Bild in der Mitte.
Leider ist der Teig zu weich geraten und etwas in die Breite gelaufen. Und auch die Unterhitze hat gefehlt, weil der Backstein nicht lange genug aufgeheitzt wurde. Die Wärme von unten und damit der Ofentrieb war damit zu schwach, um die Brötchen in die Höhe zu treiben. So sind sie etwas flach geblieben, schmeckten aber trotz allem gut.

10 Kommentare

  1. Ich möchte reinbeißen, so lecker sehen die Brötchen aus!
    Früher habe ich unser Brot selber gebacken.
    Ich musste noch in einen damals seltenen Laden gehen, der mir das Korn gemahlen hat.
    Später hatte ich eine Getreidemühle.
    Auch Sauerteigbrote habe ich gebacken.
    Der Teig, als Ball geformt, kam in einen Wassereimer und wenn er oben schwamm war er
    bereit zur Weiterverarbeitung.
    Es macht mir große Freude deinem Blog zu folgen.
    Liebe Grüße Brigitte

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    • Danke. Das hört sich nach einer sehr traditionellen Art des Brotbackens an. Das dürften wohl nur wenige Leute so machen. Da ich mich auch in Bio-Kreisen bewege, kenne ich doch auch ein paar, die noch so backen. Und auch das Korn selber mahlen und einen Sauerteig führen. Sicherlich aufwändig, aber man weiß eben auch, was drinne ist im Brot.
      Liebe Grüße aus dem Schwabenland an die Küste, Moritz

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  2. Wie interessant zu lesen!
    Wie appetitlich die Brötchen aussehen!
    Fast meine ich, ihren frischen, warmen Duft in meiner Nase zu spüren.
    Ich liebe deinen Blog, weil er mir ein wunderbares Handwerk nahebringt.
    Es ist so schade, dass deine Backstube so weit entfernt von mir ist, denn ich wäre bestimmt längst schon Stammkunde bei euch.
    Herzliche Grüße von Rosie
    P.S. Vor ein paar Jahren habe ich mir einen Brotbackautomaten angeschafft, der quasi alles „allein“ macht.

    Gefällt 1 Person

    • Danke Rosie, das freut mich. Ich versuche, immer auch etwas aus unserem Alltag zu erzählen. Der ist nicht einfach, auch wegen der Nachtarbeit. Liebe Grüße in das Bergische Land.

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