Monat: August 2021

Dinkel-Franzbrötchen

Abend, sitzen vor der Backstube. Erzähle von meinem Urlaub. Franken, Altmühltal, Kloster Plankstetten. Das Zimmer gegenüber der Klosterbäckerei. Ab drei Uhr in der Früh kein Auge mehr zugetan. Eine Bäckerin nachts unter meinem Fenster und raucht. Und muss ihr Leben erzählen in das Handy. Morgens Frühstück unter Corona-Bedingungen. Trinke nur Milchkaffee und esse ein süßes Brötchen. Keine Butter. Die Frau hinter der Plexiglasscheibe kann es nicht glauben und ruft es laut in den Saal. Keine Butter aufs Brot. Die Woche noch ruhig in der Bäckerei. Aber gestern die ersten Säcke mit Zwiebeln. Wir hoffen noch auf ein paar warme Tage. Ist doch erst Ende August. Dann Herbst. Und stundenlang Zwiebeln schälen für die Kuchen. Erst die Kartoffeln, dann die Zwiebeln. Besser Handschuhe anziehen, damit die Finger nicht so riechen. Der nächste Morgen. Heute soll es mal wieder Franzbrötchen geben. Diese wunderbare Kombination aus Butter, Zucker und Zimt. Aber kein Weizenmehl mehr in der Mehlschublade. Also Dinkel nehmen. Eigentlich mögen Bäcker den Dinkel nicht, auch wenn alle so tun. Schwierig im Umgang. Anderes Eiweiß, Non-Konformist. Muss …

Tarte au citron

Ein Sonntag im August, Ferienzeit. In diesen Tagen ist weniger zu tun als im Rest des Jahres. Die Leute sind verreist. Schwarzwald, Bodensee, an die Küste. Wir backen weniger Brot, weniger Brötchen. Das macht es schwieriger, die Öfen in der richtigen Temperatur zu treffen. Sechs Holzbacköfen stehen in einer Reihe. Jeder einzelne wird mit Holz bestückt und angezündet. Am Ende muss die Temperatur in etwa stimmen. Wir wiegen das Holz nicht ab. Jeder Scheit unterscheidet sich in Gewicht und Länge. Eine Sache des Gefühls, der Erfahrung. Schnell sind die Öfen überhitzt. Das wäre weniger tragisch, wenn viel zu backen ist. Bei kleinen Mengen dagegen verbrennt das wenige Brot schnell im Ofen. Aber es geht alles gut. Wir haben die Menge an Holz gut abgeschätzt, die Temperatur stimmt. Zuerst das Kleingebäck backen, dann die Brote. In der Nachhitze des Ofens schließlich die Rosinenbrötchen. Die vertragen am wenigsten Hitze. Mittlerweile hat der Regen nachgelassen. Wir fegen noch die Backstube durch und laden das Holz draussen im Hof auf den Wagen. Die Arbeit der Nacht ist getan. Tarte …

Heidelbeerküchlein

Samstagmorgen, gegen 1 Uhr in der Früh. Endlich alles ausgebacken, auch die Rosinenbrötchen. Wie gut es riecht. Wir naschen zwei der frischen Semmeln. Wer in der Bäckerei verhungert, ist selber schuld. Der Spruch der alten Chefin. Andere Zeiten, aber wahr.Dann putzen. Die Kessel, die Knethaken der Teigmaschinen. Die Wände. Die Kacheln herunter schrubben und den Boden. Auch in die kleinen Ecken gucken. Das Kühlhaus, die Türgriffe. Zum Glück war der Kaminfeger da die Woche und wir müssen die Öfen nicht innen putzen. Dann Feierabend. Noch einen Rest Kaffee, das Bier. Drüben in Stall und Scheune wird Hochzeit gefeiert. Gesichter, Gläserklirren, Musik. Sarah war vorher hier. Ist im zweiten Lehrjahr. Vier neue Lehrlinge in der Bäckerei. Davon drei junge Frauen. Fort von daheim. Ein neues Leben. Selbstbewußt. Aber will den überhaupt jemand irgend etwas werden? Freude am Beruf zeigen. Vorbild. Der Mürbteig Später am Morgen. Einkaufen. Laufe schon die letzten Wochen an den Schälchen mit den Heidelbeeren vorbei. Boden aus Mürbteig. Die Butterkrem, die Oma Franziska immer gemacht hat. Darüber die Heidelbeeren drapieren? Am Abend vorher …

Pains aux raisins

Ein Sonntag im Juli, gegen 15 Uhr. Gleich beginnt die Schicht. Erst anfeuern, die sechs Öfen anfeuern. Holz und dann anzünden. Mit dem Gasbrenner anzünden. Bei der Sache sein. Zu viel Holz und die Öfen werden zu heiß. Zu wenig Holz, und wir können nicht backen. Erfahrung. Keinen Schalter, den man umlegen kann. Hitze, Feuer, Körper. Die Hitze spüren, am eigenen Leib spüren. Konzentrieren. Aber auch mal einen schlechten Tag. Mit den Gedanken woanders. Die Öfen brennen. Nach einer Stunde noch mal Holz nachlegen, runterbrennen lassen. Dann schüren, die Glut verteilen. So heiß, dass die Härchen an den Unterarmen verbrennen. Rasch arbeiten, flink sein. Sonst kann man den Schürhaken nicht mehr halten, zu heiß. Die Stirn schwarz, voller Russ. Aber schönes Bild, wie die Glut gleichmäßig im Ofen liegt. Gutes Gefühl heute, die Temperatur stimmt. Dann die Kartoffeln schälen für die Brote von morgen. Ausräumen, die Glut ausräumen und mit dem nassen Besen ausfegen. Es läuft, die Anspannung lässt nach. Mein Kollege Christian erzählt von Berlin. Seine Heimat. Die weiten Strassen, das viele Grün. Und …

Brotduft, morgens

Freitag, frei. Die letzten Tage der Anselm Kiefer-Ausstellung. Noch einen Sauerteig anrühren, Körner überbrühen. Dann zum Bahnhof, Mannheim, die neue Kunsthalle.Zum ersten Mal Bilder von Kiefer gesehen. Himmel und Erde, Kosmologie. Jeder Pflanze ein Stern zugeordnet. Lese Schewirat ha-Kelim. Kabbala. Die großen Fragen. Nach drei Stunden kopfleer, raus. Mannheim so lebendig wie immer. Eine Lieblingsstadt. Im Bahnhof der TGV. In drei Stunden wäre man in Paris Est. Zurück. Der Sauerteig 80g70ml15g DinkelschrotWasser, warm (40°C)Anstellgut In dem Fall habe ich morgens den Sauerteig angerührt. Am Abend – etwa zwölf Stunden später – den Hauptteig mischen. Das Brühstück 80g50g50g250ml Vierkornflocken (Gerste, Dinkel, Hafer, Roggen)KürbiskerneLeinsamen, geschrotetWasser, kochend Parallel das Brühstück machen. Flocken und Saaten mit kochendem Wasser überbrühen. Auskühlen lassen. Darauf achten, dass die Leinsamen geschrotet sind. Können so besser vom Körper aufgenommen werden. Der Hauptteig – Dinkelsaatenbrot 160g430g240g4g8g9gca 110ml SauerteigBrühstückDinkelvollkornmehlHefeZuckerrübensirupSalzWasser, kühl Den Teig über Nacht im Kühlschrank reifen lassen Am Abend den Hauptteig mischen. Das Quellstück nach einer Minute zugeben, das Salz am Ende. Eine Stunde rasten lassen. Teig locker formen und in einer Mischung aus grob …

Drax-Mühle, Rechtmehring

Mittwochmorgen, kaum Schlaf, Kopfschmerzen. Aber frei. Fahrt nach Oberbayern, Rechtmehring, zur Drax-Mühle.Bio-Mühle, Naturmehle. Keine Ascorbinsäure im Mehl, Konservierungsstoffe, zugesetzte Enzyme. Ökologische Landwirtschaft, Denken in Kreisläufen. Die Umwelt schonen, Menschen, Tiere. Weitgehender Verzicht auf mineralische Düngung, Pestizide. In der konventionellen Landwirtschaft oft noch Spätdüngung kurz vor der Ernte. Monokulturen, Agrarkonzerne, Abhängigkeiten. Die Fahrt zur Mühle Auf die A-8. Hinter München zweimal verfahren. Dann runter von der Autobahn. Die Straßen werden schmäler, Getreidefelder, Gehöfte, die Berge. Vorbei an einem Maisfeld, Wallfahrtskapelle. Dann endlich – Hochhaus 5, die Mühle. Schöner Laden, Naturkostartikel, seltene Getreide. Lese Lichtkornroggen. Ein Roggenmehl hell wie dunkles Weizenmehl. Aus biologisch-dynamischer Getreidezüchtung, also Steiner. Seit 2011 vom Bundessortenamt zugelassen.Rotkornweizen. Farbstoff sitzt in der Samenschale. Mit Vollkorn backen, wenn man was davon sehen will. Gut für die Gesundheit. Farbstoff soll Augen und Gefäße schützen. Seltene Getreidesorten Urgetreide. Einkorn, Emmer, Dinkel. Immer skeptisch, wenn die Silbe „Ur“ vor einem Hauptwort auftaucht. Getreide immer schon verändert. Ob durch Zufall oder züchterisch. Und als ob damals alles besser. Und wir den selben Dinkel mahlen wie einst die Hildegard von …