Monat: Juni 2021

flunder Fladen

2 Uhr in der Früh. Die letzten Brote sind ausgebacken. Erschöpft sitzen wir vor dem Ofen und trinken noch ein Feierabend-Bier. Beinahe wäre noch ein Unglück passiert. Beim Rangieren mit dem Gabelstabler kippt eine Fuhre Holz, gerade noch kann sich der Kollege mit einem Sprung zur Seite retten. Eine halbe Stunde später. Fahrt nach Hause durch den dunkelsten Punkt der Nacht. Jetzt ist die Dunkelheit am tiefsten. Der Punkt, an dem die Nacht kippt in den Tag, noch weit entfernt. Die Straßen sind leer. Selbst für die Brotfahrer, die Gemüsehändler und die holländischen Blumentrucks ist es noch zu früh. Einzig in der Aral-Tankstelle scheint Leben zu sein. Langsam schiebt sich der Tankwagen in die Einfahrt. Einsam der Tankwart hinter der Scheibe. Eine Szene wie auf einem Bild von Edward Hopper. Fladenbrot aus Dinkelmehl Heute Abend soll es mal wieder ein Fladenbrot geben. Das lässt sich so schön in Stücke zupfen und eignet sich als Beilage für den Salat. Leider hat Dinkelmehl die unangenehme Eigenschaft, rasch trocken zu backen. Und zudem nimmt es weniger Wasser auf …

Fougasse, der Morgenvogel

4.10 Uhr. Wanderparkplatz Siebenmühlental. Die Arbeit ist getan. Das letzte Brot ausgebacken und auf dem Weg zu den Menschen. Noch ist es still. Aber man merkt, wie die Nacht kippt in den Tag. Plötzlich die ersten Rufe einer Amsel. Oder einer Fougasse? Ich liebe diesen Moment. Es bedeutet, das Zentrum der Nacht ist durchschritten, der dunkelste Punkt liegt hinter uns. Noch einen Moment nach hören. Dann nach Hause für ein paar Stunden Schlaf. Fougasse, das erste Brot der Bäcker Die Fougasse, ein Gebäck aus der Provence, war früher einmal das erste Brot, das gebacken wurde, um zu sehen, wie heiß der Ofen ist. Und war somit die erste Mahlzeit für die Bäcker. Ich mag dieses Brot sehr gerne. Auch weil sich darin so schön die Oliven einpacken lassen, die noch im Kühlschrank schlummern. Der Abend vor dem Backen Am Abend vor dem Backen setzen wir den Vorteig an. Dazu lösen wir ein Stückchen Hefe, groß wie ein Reiskorn, in 100ml kaltem Wasser auf und rühren 100g helles Weizenmehl unter. Dazu benötigen wir ein hohes und …

Der Spazierstock des Bäckers

Die Woche war elend. Temperaturen vor den Holzbacköfen von vielleicht 50 Grad. Nach zehn Minuten Ofenarbeit klebt jede Textilfaser am Körper. Schweiß tritt aus bisher unbekannten Poren. Nach einer halben Stunde siehst du aus wie überbrüht. Bis zu fünf Liter trinken wir an solchen Tagen. Wichtig ist vor allem, rechtzeitig zu trinken. Kommt erst das Durstgefühl, ist es zu spät. Dann drohen Kopfschmerzen der gemeinen Art. Die wirst du nicht mehr los. Der Tag ist gelaufen. Aber es gibt auch diese schönen Momente, diese poetischen Momente. Nachmittags, die Wiese und das Tal hinter dem Parkplatz. Plötzlich fährt Wind unter das Gras. Schwärme von weißen Blütensamen steigen auf und segeln sachte zu Boden. Schneefall im Juni. Freitagmittag – der Teig wird gemacht Am Samstag soll es abends Weißbrot geben. Dieses Brot ist ein Beispiel dafür, wie einfach ein Rezept sein kann. Und wie viel Erfahrung es braucht, damit es am Ende gut wird.Das Weißbrot wird ohne Vorteig gemacht, ohne Sauerteig. Seinen Geschmack und die offene Porung bekommt es durch eine lange Teigruhe von 18 Stunden. Die …

Roggenbrot ohne Hefe

Was für eine Waschküche die letzten Tage. Mal feucht, warm, dampfig. Regen, dann wieder sonnig, trocken. Die Teige schießen in die Höhe wie tropische Pflanzen. Könnte man Bakterien und Pilze schaffen hören, es wäre ein Schmatzen und Gurgeln, ein Blubbern und Murmeln, ein Rumpeln und Rülpsen. Wie gut tut da die Kühle und Ruhe der Nacht. Auf dem Ruhebänkle vor der Backstube ist es dann wie auf Deck nach einem langen Sturm. Der nächste Morgen. Ich möchte heute mal wieder ein kräftiges Roggenbrot backen. Ein Brot ganz ohne die Zugabe von Industriehefe, gelockert nur von den wilden Hefen des Sauerteigs. Dazu habe ich gestern einen Sauerteig angesetzt, der über Nacht gereift ist. Nächste Woche möchte ich in Wort und Bild einmal zeigen, wie man einen solchen Ansatz selbst heran ziehen kann.Damit hat man ein natürliches Triebmittel an der Hand, mit dem man alle Arten von Teigen lockern kann. Ein gutes Gefühl, wenn beim nächsten Lockdown mal wieder keine Hefe im Supermarkt zu finden ist. Backen mit Sauerteig braucht Zeit Brote lassen sich sehr gut mit …

Rhabarber-Kuchen

Immer mal wieder komme ich in Verlegenheit und muss einen Kuchen backen. Ein Blick in die Botanik – etwas mit Rhabarber soll es sein. Und eine Haube aus Eischnee obendrauf. Wo sich nach dem Backen immer diese goldenen Perlen bilden. Es muss also ein Boden aus Mürbeteig her. Mürbteig, diese hinterhältige Mischung aus Zucker, Butter und Mehl im Verhältnis 1:2:3, die roh besser schmeckt als gebacken, und die ich nie heil in die Kuchenform geschustert bekomme, ohne dass das Teil in tausend Stücke zerbricht.Samstagabend, die Woche liegt bleischwer in den Knochen. Aber es hilft alles nichts, morgen soll der Kuchen auf der Platte liegen. Der Mürbeteig Wir nehmen also 100g Zucker und 200g Butter und vermischen beides miteinander. Ich nehme die Butter immer aus dem Kühlschrank, deswegen ist es eher ein Kneten als ein Mischen. Zur besseren Bindung rühren wir noch ein Eigelb unter.Die 300g Mehl werden nur kurz untergemischt, keinesfalls lange und ausdauernd kneten. Die Mehlpartikel sollen sich nicht zu größeren Clustern verbinden, sondern vom Fett der Butter umschlossen sein. Der Teig würde sonst …

Grünlinge – Dinkelbrötchen mit Grünkernschrot

Der Morgen nach Fronleichnam. Eingeschlafen mit den Vögeln nach 4 Uhr in der Früh. Wir waren knapp besetzt in der Nacht, das heißt Arbeit. Du kannst dich hinter niemandem verstecken. Und dampfig war es, feucht und heiß. Bedrängt von der Hitze des Ofens und der Asche der Holzglut waren wir nach einer Stunde nass geschwitzt. In solchen Nächten trinkst du vier Flaschen Wasser leer. Um so schöner die kleinen Pausen zwischendurch. Die Beine lang machen, durchschnaufen, Luft holen. Und das Feierabend-Bier morgens um 2 Uhr. Deutschland schläft, aber es gibt immer jemand, der Wache hält mitten in der Nacht. Gestern gab es Grünkernküchle zu Mittag. Ich wollte einmal sehen, ob man das etwas rauchige Aroma des Grünkerns verbacken in einer Hülle aus Teig erhalten kann. Man kann. Die Brötchen mit einer Mischung aus hellem und dunklem Dinkelmehl und einem 25 prozentigem Anteil an Grünkernschrot sind richtig gut geworden. Und die frisch geraspelten Möhren harminieren gut mit dem Schrot und bringen zudem eine frische Farbe ins Gebäck. Der Vorteig 60g50 ml0,5 g DinkelvollkornmehlWasser, kaltHefe, etwa groß …

Roggenvollkornbrot ohne Hefe

Als Bäcker lebt man nicht gesund, aber interessant. Und man sieht Dinge, die Andere nicht sehen. Samstagmorgen, vier Uhr in der Früh. Die Straßen dunkel, leer und still. Noch sind keine Vögel zu hören. Auf der Bundesstrasse die ersten Berufsleute unterwegs. Ich steige aus dem Auto, müde, aber noch aufgekratzt von der Nacht. Plötzlich ein Scharren hinter mir, das Geräusch von Krallen auf dem Asphalt. Ein Dachs kommt aus dem Gartentor gegenüber. Der Wald ist nah, die Wiesen des Friedhofs. Trotzdem habe ich noch nie einen Dachs in der Stadt gesehen.Sie scheint nicht gut zu sehen. Jedenfalls läuft sie auf mich zu, bleibt erst zwei Meter entfernt stehen, reckt mißtrauisch die Schnauze in die Höhe. Schaut dann nach links und rechts, läuft über die Strasse und verschwindet in der Einfahrt gegenüber. Die kurze Begegnung zweier Nachtarbeiter. Den Sauerteig ansetzen Vier Stunden später schaue ich mich noch verschlafen in der Küche um. In der Mehlschublade hinten rechts steht seit Wochen eine offene Tüte mit Roggenschrot. Davor eine mit Vollkornmehl. Beide sollten nicht noch länger stehen. Kurz …