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Fougasse, der Morgenvogel

4.10 Uhr. Wanderparkplatz Siebenmühlental. Die Arbeit ist getan. Das letzte Brot ausgebacken und auf dem Weg zu den Menschen. Noch ist es still. Aber man merkt, wie die Nacht kippt in den Tag. Plötzlich die ersten Rufe einer Amsel. Oder einer Fougasse?

Ich liebe diesen Moment. Es bedeutet, das Zentrum der Nacht ist durchschritten, der dunkelste Punkt liegt hinter uns. Noch einen Moment nach hören. Dann nach Hause für ein paar Stunden Schlaf.

Fougasse, das erste Brot der Bäcker

Die Fougasse, ein Gebäck aus der Provence, war früher einmal das erste Brot, das gebacken wurde, um zu sehen, wie heiß der Ofen ist. Und war somit die erste Mahlzeit für die Bäcker. Ich mag dieses Brot sehr gerne. Auch weil sich darin so schön die Oliven einpacken lassen, die noch im Kühlschrank schlummern.

Der Abend vor dem Backen

Am Abend vor dem Backen setzen wir den Vorteig an. Dazu lösen wir ein Stückchen Hefe, groß wie ein Reiskorn, in 100ml kaltem Wasser auf und rühren 100g helles Weizenmehl unter. Dazu benötigen wir ein hohes und schmales Gefäß – z.B. einen Messbecher -, denn der Ansatz wird sich kräftig in die Höhe entwickeln. Nach einer Stunde in der Küche stellen wir den Vorteig zugedeckt für weitere 10 bis 12 Stunden in den Kühlschrank.

Der nächste Tag, der Teig wird gemacht.

Am nächsten Tag – der Vorteig hat sich prächtig entwickelt und ist von vielen kleinen Bläschen durchzogen (der Vorteig hält sich bis zu 24 Stunden in der Kühle) – mischen wir aus Vorteig, Weizen-, Roggenmehl und Wasser einen groben Teig. Den müssn wir noch nicht auskneten. Einfach nur zu einem groben Batzen mischen und zwischen einer halben Stunde und einer Stunde sich selbst überlassen. Erst dann geben wir das Salz und die Hefe dazu und kneten den Teig glatt und geschmeidig aus. Wir lassen ihn noch einmal einen Moment ruhen und kneten dann die Oliven unter. Die Oliven – zumindest die, die ich verwende, wurden eingelegt in leicht gesalzenem Wasser. Deswegen habe ich den Salzgehalt im Hauptteig leicht reduziert von 6g auf 5g.

Die Autolyse

Das Mischen von Mehl und Wasser ohne Salz und Hefe, also ohne Elemente, die zusammenziehen und hinaustreiben, nennt man Autolyse. Dabei verquellen Stärke und Eiweiße des Mehles mit dem Wasser. Der Teig wird anschließend nur noch kurz geknetet. Während der Autolyse hat sich bereits eine erste Architektur des Teiges aufgebaut.

Backen oder kühl stellen

Der Teig ruht nun für weitere 90 Minuten. Zwischendurch hilft es, ihn einmal aufzumischen. Dazu fährt man mit den Fingern unter den Teig, zieht ihn an einer Seite in die Höhe und schlägt sie zur Mitte hin um. Das wiederholt man an jeder Seite. Eine Technik, die unter dem Namen „Dehnen und Falten“ bekannt ist. Anschließend dreht man den Teig um, so dass die glatte Seite oben liegt. Der Teig stabilisiert sich dabei und wird mit frischem Sauerstoff versorgt.

Das Brot wird gebacken

Nach der Teigruhe legen wir den Teig mit Gefühl zu einer Kugel zusammen. Dazu legen wir die Teigenden solange von außen unter den Teig, bis sich eine runde Form ergibt. Geknetet wird der Teig nicht mehr. Die vielen Luftbläschen aus der Teigruhe wollen wir als grobe Porung in das Brot hinüber retten.
Alternativ könnte man den Teig auch nach dem Rasten für mehrere Stunden in den Kühlschrank geben. Auch dabei hilft es, ihn einmal aufzumischen.

Die Fougasse formem

Unsere Teigkugel lassen wir wieder einen Moment ruhen. Dabei entspannt sich das Teiggerüst und lässt sich später leichter bearbeiten.
Nach einer Viertelstunde – siehe Bilder unten – drücken wir die Teigkugel flach zu einem Fladen auseinander und drücken mit einem Teigschaber – oder schneiden mit einem Messer – die typische Form hinein.

Dieses Gebilde, das ein bischen aussieht wie ein Weihnachtsbaum, transferieren wir auf die Backschaufel oder ein Brett mit Backpapier. Dabei ziehen wir die Öffnungen noch ein wenig auseinander. Sie backen sonst im Ofen zu und sind nicht mehr so schön zu erkennen.

Fertig machen zum Backen

So abgelegt ruht der Teig noch einmal eine Viertelstunde und wird dann gebacken. Nur leicht mit Roggenmehl abgestaubt habe ich ihn noch. Dampfen tue ich nicht, schaden tut es aber auch nicht.
Alternativ kann man die Fougasse mit Olivenöl bestreichen und Kräuter – Thymian, Oregano etc – aufstreuen. Oder man drückt weitere Oliven in den Teig – diese allerdings fest in den Teig drücken, sonst backen sie im Ofen heraus – nach Art einer Focaccia.

Gebacken wird sie bei 250 bis 240 °C, etwa 20 Minuten.

Der Vorteig

100g
100ml
0,5g
Weizenmehl, Type 550
Wasser, kalt
Hefe, reiskorngroß

Die Autolyse

200g
15g
185g
90 – 100ml
Vorteig
Roggenmehl, Type 996 oder 1150
Weizenmehl, Type 550
Wasser

Der Hauptteig

5g
2g
60g
Salz
Hefe
Oliven, später zugeben

Erläuterung zu den Bildern:

Oben das gebackene Brot. Darunter der Teig, grob gemischt. Nach der Teigruhe – der Autolyse – wird Salz und Hefe untergeknetet. Nach einer weiteren kurzen Pause die Oliven untermischen. Nach der Teigruhe erste eine Kugel formen. Diese nach kurzer Entspannung flach drücke zu einem Fladen und das Fougasse-Muster hineindrücken oder schneiden.

9 Kommentare

    • Danke. Ich war die Tage bei meinem Patenkind in Weßling. Das bayerische Fünf-Seen-Land ist für jedes Mal wie eine Fahrt in ein anderes Land. Einfach sehr schön. Viele Grüße, Moritz

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      • Die bayrischen Seen
        liebe ich so sehr, diese Landschaften verzaubern
        den Menschen und alles geht etwas gemächlicher..
        Der Norden Deutschlands
        ist für mich irgendwie auch eine ganz anderes Land
        Doch die Liebe zum Brotbacken vereint uns
        Liebe Grüße Meggie

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    • Danke. Ich möchte versuchen, über die bloßen Rezepte hinaus, etwas aus dem Alltag eines Bäckers zu erzählen. Es ist ein schöner Beruf, aber aus dem Alltagsbild so ziemlich verschwunden.
      Schöne Grüße aus der Eselsmühle in Musberg.

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      • Du bist Bäcker! Wie schön, dass es diesen Beruf noch gibt und man über deinen Blog so viel darüber erfahren kann! Deinen Blog habe ich abonniert, da es mir gefällt, wie du deine kreative Arbeit beschreibst.
        Sonnige Grüße aus dem Bergischen Land….von Rosie

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      • Ja, es gibt sie noch, die Bäcker. Wir arbeiten mit dem Holzbackofen wie noch zu Opa`s Zeiten. Nur sehr heiß war es die Tage. Da freut man sich über jede Abkühlung.
        Liebe Grüße, Moritz

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      • Ich habe heute mal neugierig auf deiner website gestöbert und bin sehr begeistert von eurem Engagement und euren Ideen. Es ist wunderbar, dass es noch Bäcker wie euch gibt, die dem Brot die Bedeutung und die Liebe geben, die es verdient. Es ist nur schade, dass ich nicht bei euch einkaufen kann, da ich viel zu weit weg wohne. Auf jeden Fall wäre ich ab sofort Stammkunde bei euch!
        Einen schönen Abend wünscht Rosie

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