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Hefe – bio oder konventionell?

Ist die Rede von Backhefe, ist damit meist die industrielle Reinzuchthefe gemeint, die wir als 42 Gramm Würfel im Supermarkt kaufen. Darin enthalten sind Milliarden von Zellen eines Stammes einer Art, die alle auf eine Mutterzelle oder den selben Komplex von Zellen zurückgehen. Gezüchtet, selektiert und auf eine hohe Triebleistung getrimmt wird die lateinisch saccharomyces cerevisiae genannte Backhefe in Laboren der Hefeindustrie. Vermehrt wird sie anschließend in großen, Fermenter genannten, Tanks.

Worin unterscheidet sich Bio-Hefe von konventioneller Hefe?

Neben den grossen Hefefabriken – die ersten gab es in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts – sind seit etlichen Jahren kleinere Unternehmen auf dem Markt, die Hefen mit Rohstoffen aus der biologischen Landwirtschaft produzieren. Etwa Agrano mit der bioreal Hefe.

Das Verfahren der Herstellung der Hefen ist dabei in beiden Fällen das Gleiche. Hefen sind einzellige Pilze, die wie alle Lebewesen auch vor allen Dingen Kohlenstoff zum Leben brauchen, Stickstoff, Phosphor und Sauerstoff. Die Unterschiede liegen in der Herkunft dieser Substanzen und im späteren Auswaschen der Chemikalien.

Bio-Hefe – ein landwirtschaftliches Produkt

Nach der Bio-Verordnung gelten für Hefen, die als Bio-Hefen verkauft werden, besondere Kriterien. Die Hefe gilt dabei als ein landwirtschaftliches Produkt. Als solches müssen die Rohstoffe zu 95 Prozent aus biologischer Herstellung kommen. Die Richtlinien der grossen Bio-Verbände Demeter, Naturland und Bioland gehen noch weiter. Ausnahmen sind nicht zugelassen – die Rohstoffe für die Hefen müssen zu 100 Prozent aus biologischer Produktion stammen.

Melasse – Rohstoff für die Hefeproduktion

Hefen ernähren sich von Zucker. Eingesetzt wird dabei Melasse, eigentlich ein Abfallprodukt aus der Zuckerindustrie. Meist chemisch behandelt, unter anderem mit Schwefelsäure, ist der herkömmliche Zucker-Sirup für die Bio-Produktion nicht zugelassen. Die Hersteller mussten sich nach einer anderen Zuckerquelle für ihre Hefen umsehen. Ein Pionier auf diesem Gebiet war Agrano mit der bioral-Hefe. Wurden diese anfänglich noch auf Getreide- und Mehlmaischen gezüchtet ähnlich wie beim Bierbrauen, haben die Hersteller nach und nach auf Bio-Melasse umgestellt, die mittlerweile auf dem Markt verfügbar war.

Schwieriger war da schon die Suche nach alternativen Quellen für Stickstoff und für Phospor. Beides braucht die Zelle für ihren Aufbau und den Energiestoffwechsel. Wird in der konventionellen Hefezucht Ammoniak verwendet als Stickstoff-Quelle, ist das im Bio-Bereich nicht zulässig. Noch schwieriger war es dabei wohl, organischen Ersatz für Phosphor zu finden (vgl Plötzblog Podcast Folge 39 über Backhefe).

Dreckige Abwässer der Hefe-Industrie

Schwefelsäure, Laugen, Entschaumungsmittel, Ammoniak-Lösungen, Phosphorsäure sowie Reinigungs- und Desinfektionsmittel – bei der konventionellen Hefe-Herstellung fallen eine Menge zum Teil schwer abbaubare Stoffe an, die aufwendig heraus gewaschen werden müssen und die Gewässer belasten. Hersteller ökologischer Alternativen zeigen dagegen, dass es möglich ist, Hefe mit Rohstoffen aus der biologischen Landwirtschaft zu züchten. Riegeler Bio-Hefe, eine zur Agrano GmbH gehörende Hefefabrik am Kaiserstuhl gibt auf seiner Homepage an, ganz auf das abschließende Waschen der Hefen verzichten zu können. Wer Bio-Hefe kauft und benutzt, schont also definitiv die Umwelt.

Bio-Hefe in der Praxis

Als ein von Demeter zertifizierter Bio-Betrieb backen wir nur mit Bio-Hefe. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Öko-Hefe dabei nicht so lange hält wie ihr konventionelles Pendant. Während Industriehefen auch nach Wochen der Lagerung nur wenig an Triebkraft verlieren, sollte man Bio-Hefen wenn möglich nicht über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus verwenden. Sie lässt dann schon sehr nach in ihrer Triebleistung.

Generell sind Bio-Hefen wohl etwas weniger triebstark als Hefen aus der konventionellen Produktion. Bemerkbar machen kann sich dies bei zucker- und butterreichen Teigen wie etwa Zopfteigen. Dies hat offensichtlich etwas mit dem etwas geringeren Gehalt an Proteinen und damit Enzymen zu tun, welche die Produktion von CO2 etwas einschränken (vgl Plötzblog Podcast Folge 39 über Backhefe). Unserer Erfahrung nach aber hat das keine gravierenden Auswirkungen. Wir arbeiten bei schweren Teigen entweder mit Vorteigen oder geben der Hefe Zeit, damit der Enzymstoffwechsel in die Gänge kommt.

Links

„Warum eigentlich Bio-Hefe?“ (Riegeler Bio Hefe)

Worin unterscheiden sich konventionelle und Bio-Hefe? (Verein für unabhängige Gesundheitsberatung)

Hefe muss jetzt Bio sein (Magazin Schrot und Korn)

Plötzblog Episode 29 über Backhefe

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