
Vinschgauer oder Vinschgerl waren unter den ersten Teigen, die ich in meinen ersten Jahren als Bäcker selbstständig anrühren durfte. Wo das Vinschgau liegt oder wie die Gebäcke im Original aussehen, das wusste freilich keiner so genau. Stattdessen wurde ein Sack aufgerissen, der Inhalt, ein dunkles Mehl, in die Teigmaschine gekippt und nur noch Hefe und Wasser zugegeben. Im Original probiert habe ich die Paarlen bis heute nicht. Aber wenigstens haben wir heute den Anspruch, beim Teigmachen nicht mehr auf eine Fertigmischung der Backmittel-Industrie zurückgreifen zu müssen.


Die Paarlen
Der dunkle Teig wird mit gemahlenem Kümmel, Fenchel und etwas Schabzigerklee abgeschmeckt. Wie stark, ist dabei Geschmackssache. Wer mag, röstet gar Kümmel und Fenchel noch leicht an, um das Aroma der Gewürze noch zu verstärken. Nicht leicht einzuschätzen ist dabei die Konsistenz des Teiges. Er ist sehr weich, viel weicher als ein Brotteig ist. Gerade wenn man meint, der Teig vertrüge keine Flüssigkeit mehr, sollte man noch einen Spritzer Wasser nachschütten.
Der Sauerteig
125g 135g 25g 2g | Roggenvollkornmehl Wasser, 40°C Anstellgut Salz |
Roggenvollkornmehl, warmes Wasser, Anstellgut und Salz gut miteinander verrühren, abdecken und 12 bis 16 Stunden stehen lassen. Mit längerer Stehzeit wird der Teig zunehmend saurer. Die dezente Salzzugabe hemmt allerdings die Säureproduktion der Bakterien im Teig, nicht aber die Sauerteighefen. Erreicht wird so ein triebstarker Sauerteig mit einer leichten und milden Säure. Wichtig ist dabei, den Sauerteig mit 40°C warmem Wasser zu starten. Über die Stehzeit fällt die Temperatur des Teiges dann auf Raumtemperatur ab, erreicht im Mittel aber einen Wärmegrad, unter dem die Mikroorganismen im Teig optimal arbeiten können.
Der Hauptteig
der 100g 275g 5g 8g 3g 3g 1g ca. 300g | Sauerteig Dinkelmehl, Type 630 Roggenmehl, Type 1150 Bio-Hefe Salz Kümmel, gemahlen Fenchel, gemahlen Schabzigerklee Wasser |
Und so wird´s gemacht
Der Teig für die Vinschgauer ist weich, sehr weich. Er wird nach der Teigruhe nicht mehr bearbeitet, sondern nur noch mit den Händen rund zusammengeschoben.
Stark Roggenmehl-lastige Teige werden dabei nicht kräftig geknetet, sondern nur ausreichend lange schonend gemischt, bis sich alle Zutaten zu einer glatten Masse verbunden haben.



Ohne Hefezugabe ruht der Teig 90 Minuten. Bei Zugabe von Hefe reicht dagegen eine Teigruhe von 30 Minuten aus.
Anschließend wird der Teig ausgewogen zu Stücken von je 90g. Diese werden mit den Händen nur rund zusammengeschoben und paarweise auf ein Backpapier gesetzt. Ebenso gut kann man einzelne Fladenbrote formen, etwa mit einem Teiggewicht zwischen 150g und 250g.
Die Teiglinge werden leicht mit Roggenmehl abgestaubt. Das Mehl dabei auf der Oberfläche verstreichen. Solange rasten lassen, bis die Oberfläche von leichten Rissen durchzogen ist. Das ist nach etwa 45 Minuten der Fall.
Gebacken werden die Vinschgerl bei Ober/Unterhitze ohne Dampf etwa 25 Minuten bei 250°C. Nach zehn Minuten die Temperatur herunter regeln auf 230°C und zu Ende backen. Für eine krosse Kruste die letzten Minuten umschalten auf Umluft und ein paar Mal mit der Sprühflasche nach der Art eines Sauna-Aufgusses in den Ofen dampfen.