
Der Morgen nach Fronleichnam. Eingeschlafen mit den Vögeln nach 4 Uhr in der Früh. Wir waren knapp besetzt in der Nacht, das heißt Arbeit. Du kannst dich hinter niemandem verstecken. Und dampfig war es, feucht und heiß. Bedrängt von der Hitze des Ofens und der Asche der Holzglut waren wir nach einer Stunde nass geschwitzt. In solchen Nächten trinkst du vier Flaschen Wasser leer. Um so schöner die kleinen Pausen zwischendurch. Die Beine lang machen, durchschnaufen, Luft holen. Und das Feierabend-Bier morgens um 2 Uhr. Deutschland schläft, aber es gibt immer jemand, der Wache hält mitten in der Nacht.
Gestern gab es Grünkernküchle zu Mittag. Ich wollte einmal sehen, ob man das etwas rauchige Aroma des Grünkerns verbacken in einer Hülle aus Teig erhalten kann. Man kann. Die Brötchen mit einer Mischung aus hellem und dunklem Dinkelmehl und einem 25 prozentigem Anteil an Grünkernschrot sind richtig gut geworden. Und die frisch geraspelten Möhren harminieren gut mit dem Schrot und bringen zudem eine frische Farbe ins Gebäck.
Der Vorteig
60g 50 ml 0,5 g | Dinkelvollkornmehl Wasser, kalt Hefe, etwa groß wie ein Reiskorn |
Das Brühstück
90 g 150 ml | Grünkernschrot Wasser, kochend |
Der Teig
110 g 240 g 180 g 30 g 7 g 10 g 20 – 30 ml 70 g | Vorteig Brühstück Dinkelmehl, Type 630 Dinkelvollkornmehl Salz Hefe Wasser Möhren, geraspelt |
Und so wird es gemacht:
Am Abend vor dem Backen setzen wir Vorteig und Brühstück an. Dazu lösen wir ein reiskorngroßes Stück Hefe in Wasser auf, mischen Dinkelvollkornmehl unter und lassen den Ansatz abgedeckt bei Raumtemperatur über Nacht in der Küche stehen.
Den groben Grünkernschrot überbrühen wir mit kochendem Wasser. Rühren in der ersten Stunde ein bis zweimal um und lassen die Masse bis zum Morgen auskühlen.
Am nächsten Morgen – der Grünkern hat das Wasser aufgesogen, der Vorteig hat sich in die Höhe entwickelt und ist gegangen – mischen wir mit den restlichen Zutaten einen bindigen Teig. Etwas Vorsicht ist mit der restlichen Flüssigkeit geboten. Da in Vorteig und Brühstück schon viel Wasser gebunden ist, geben wir das Wasser nur langsam zu. Dabei die Hefe im Wasser aufschlämmen, damit die Hefezellen gleich in Kontakt mit dem Nass kommen. Die Möhren erst später zugeben, wenn bereits eine bindige Teigstruktur erkennbar ist.
Der Teig nach dem Kneten, rund geschliffene und lang gestoßene Teiglinge
Dinkelteige schonend kneten
Teige aus Dinkelmehl wollen schonend angefasst werden. Ihr Klebernetz aus Eiweiß, das sich während des Mischens aufbaut, ist weniger belastbar als das aus Weizen. Schnell sind sie zu stark geknetet und laufen später in die Breite. Den Teig deswegen nur langsam kneten, immer mal wieder eine Pause machen und ihn für ein paar Minuten rasten lassen.
Nach dem Mischen brauchen beide Ruhe – Teig und Mensch. Wir brühen uns also einen Cappucchino auf oder trinken eine Tasse Tee, und lassen den Teig so lange in Frieden.
Währenddessen verquellen Mehl und Wasser miteinander. Es bilden sich Zucker und Aminosäuren. Beides benötigt die Hefe später für ihren Stoffwechsel.
Aufarbeiten des Teiges
Nach der Teigruhe portionieren wir den Teig in Stücke zu 100g. Die schleifen wir rund und lassen sie ein paar Minuten entspannen. Anschließend werden die Kugeln mit beiden Seiten in Mehl gewendet – oder wie auf dem Bild in einer Mischung aus Mehl und Haferkleien – flachgedrückt, von einer Seite auf die andere übergeschlagen und in die Länge gerollt. So lassen wir sie eine weitere halbe Stunde bis Stunde ruhen.
Stockgare und backen
Während der sogenannten Stockgare geht der Teig auf. Die Enzyme der Hefe verstoffwechseln den Zucker und bilden Kohlenstoffdioxid und Alkohol. Die CO2-Bläschen verfangen sich im Eiweißgerüst des Teiges und lassen ihn aufgehen.
Währenddessen heizen wir den Ofen auf, werfen immer mal wieder ein Auge auf die Teiglinge und fassen sie mit den Fingern an. Wie haben sie sich entwickelt? Haben sie sich etwa um die Hälfte aufgeplustert? Vorsichtig drücken wir mit den Fingern in den Teig. Federt er langsam zurück, dann sind die Teiglinge reif für den Ofen. Den sogenannten Fingertest habe ich hier genauer beschrieben.
Vor dem Backen drehen wir die Teiglinge mit der glatten Seite nach unten und legen sie auf eine Backschaufel oder ein Brett. So lassen wir sie noch einen Moment liegen. Die offene Seite – der sogenannte Schluss – sollte leicht aufplatzen. An dieser Stelle werden die Brötchen später im Ofen aufreißen. Falls nicht, schneiden wir sie mit einem Messer leicht einmal der Länge nach ein.
Anschließend besprühen wir sie einmal ordentlich mit Wasser und backen sie ca 18 Minuten bei 230 °C Grad aus. Nach dem Backen noch einmal kräftig mit Wasser besprühen. Die Dextrine, die sich im Ofen aus der Stärke in der Kruste gebildet haben, verbinden sich mit dem Wasser zu einem dünnen und glänzenden Film. Die Brötchen glänzen.