Wer regelmäßig mit Vollkorn bäckt, tut sich und seiner Gesundheit etwas Gutes. Dabei muss es ja gar nicht immer reines Vollkorn sein. Es hilft schon, einen Teil des Mehles auszutauschen gegen das volle Korn.
Dabei sollten wir darauf achten, Vollkornmehl und grobe Schrote ausreichend zu verquellen. Zwar finden sich Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, ungesättigte Fettsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe vermehrt in den Randbereichen des Korns. Aber wir müssen es richtig verarbeiten, um in den vollen gesundheitlichen Vorteil des Mehls zu kommen.
Vollkorn richtig verarbeiten
Getreide war ursprünglich nicht dazu gedacht, von uns Menschen gedroschen, gemahlen und zu Brot verarbeitet zu werden. Gegen Fraßfeinde haben Pflanzen Abwehrstoffe entwickelt, die uns auf die Dauer nicht gut bekommen. Ein Beispiel dafür ist die Phytinsäure.
Phytinsäure reduzieren
Der Pflanzenstoff speichert eigentlich Nährstoffe im Keimling und findet sich auch in der Kornschale. Aufgenommen mit der Nahrung hat das zu den sekundären Pflanzenstoffen zählende Phytin leider die unangenehme Eigenschaft, Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Calcium, Eisen, Zink usw im Darm in starken Komplexen zu binden und die Aufnahme in den Körperkreislauf zu erschweren oder ganz zu unterbinden.
Offensichtlich hilft jedoch eine ausreichend lange Verquellung, den Phytin-Gehalt nennenswert zu reduzieren oder ganz abzubauen. Wir sollten deswegen gobe Schalenteile, Hülsenfrüchte und – soweit es das Rezept zulässt – mindestens einen Teil des Vollkornmehls in Brühstücken oder in Vorteigen über Stunden quellen lassen. Und auch Sauerteig hilft, den Phytin-Gehalt in Brot zu reduzieren. Das Getreide eigene Enzym Phytase – ein natürliches Werkzeug zum Aufspalten der starren Phytatkomplexe – findet in Brotteigen mit Sauerteig optimale Bedingungen. Ab einem pH-Wert von 5 bis 5,5 wird die Säure wohl vollständig abgebaut (vgl Lutz Geissler, Das Brotbackbuch Nr. 4, Seite 340).
Wie immer hat alles zwei Seiten. So hat die Phytinsäure auch positiven Einfluss auf unseren Körper. Sie ist bekannt dafür, den Stärkeabbau im Darm zu bremsen und so dazu beizutragen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren.
Links zum Thema
Phytinsäure in der Kritik – schädlich oder gesund? (Infothek Gesundheit)
Wie ist Phytinsäure zu bewerten? (UGB Gesundheitsberatung)
Phytinsäure – Bäckerlatein, Plötzblog Lutz Geissler
Vollkornmehl – frisch gemahlen oder nicht?
Soll Vollkornmehl frisch vermahlen verbacken werden oder nicht? Gerade in anthroposophischen Kreisen wird dies heiß diskutiert. Dabei soll selbst Rudolf Steiner irgendwo in seinen landwirtschaftlichen Vorlesungen dazu geraten haben, Mehl mindestens eine Woche lang lagern zu lassen. Auch aus fachlicher Sicht ist das sinnvoll. So ist bekannt, dass Mehl nach der Ernte nachreift. Durch den Einfluss von Sauerstoff verbinden sich dabei Eiweiße des Mehlkörpers – allen voran Gliadine und Glutenine – über Disulfidbrücken miteinander. Das Kleber genannte Eiweißgerüst des Teiges wird somit stärker und belastbarer. Die backtechnologischen Eigenschaftgen verbessern sich. Teige werden stabiler, bekommen mehr Stand und die Brote später ein größeres Volumen.
Kneten und Backen von Vollkorn
Letztlich werden Vollkornbrote nicht anders gebacken als Brote aus hellem Mehl. Die physikalischen Prozesse unter Hitzeeinwirkung im Ofen sind die selben wie in jedem anderen Gebäck. Trotzdem werden reine Vollkornteige anders behandelt als Teige aus hellem Mehl.
Je nach Mühle kann Vollkorngetreide feiner vermahlen sein oder gröber. Feineres Mehl nimmt dabei schneller und auch mehr Wasser auf als das gröber gemahlene Mehl. Solche Teige reifen eher heran und verlieren auch schneller wieder ihren Stand während der Gare. Es ist daher ratsam, Vollkornteige, soweit sie nicht ohne Hefe geführt werden, kühler zu führen.
Vollkorn enthält das ganze Korn, auch die Schale (Kleie). Dabei kann es eine Rolle spielen, wie fein oder grob die Kleie, die vor dem Mahlen abgetrennt wurden, gemahlen und dem Mehl wieder beigefügt wurden. Auch dabei reagieren fein gemahlene Schalenteile schneller als grobe. Auch solche Teige werden schneller ihre Reife erreichen.
Vollkornteige langsam kneten
Generell werden Vollkornteige langsam und schonend geknetet. Ziel ist dabei immer eine gute Verquellung der groben Schalen mit der Flüssigkeit des Teiges. Reine Vollkorn- und Schrotteige können gut eine halbe Stunde oder 45 Minuten schonend langsam geknetet werden. Dabei kann es hilfreich sein, die Knetung nach der halben Zeit für ein paar Minuten zu unterbrechen. Um zu sehen, wie sich der Teig entwickelt. Denn gerade Vollkornteige mit groben Schalenteigen können innerhalb von Minuten nachsteifen. Ein Teig, der ursprünglich ausreichend weich erschien, kann so schnell zu fest werden, wenn die Schalenteile nachträglich noch Teigwasser binden.
Quellknetung bei Schrotbroten
Sollen dagegen mittlere bis grobe Schrote verbacken werden, spricht man von einer Quellknetung. Dabei wird die Teigflüssigkeit nach und nach zugegeben. Durch die Reibung zwischen Knetarm und Kesselwand soll durch den größeren Widerstand möglichs viel Mehl aus der Schale gelöst und gebunden werden. Sehr grobe Schrote – eine genaue Korngrößen-Definition gibt es nicht, jede Mühle versteht letztlich etwas anderes unter „grobem“ Schrot – sollten dageben in Quell- oder besser noch in Brühstücken mit kochendem Wasser überbrüht werden. Nicht ausreichend verquollenes Schrot führt zu einer trockenen Krume, die beim Anschneiden des Brotes auseinander bröselt.
Fazit
Vollkornbrote bzw Brote mit Vollkorn-Anteil haben einen gesundheitlichen Mehrwert. Richtig verarbeitet – vor allem über Quellung und die Beimischung von Sauerteig – müssen sie nicht trocken sein, sondern können im Gegenteil eine lockere Krume haben, die saftig ist und sich über Tage frisch hält.
Das wusste ich nicht, nur dass Vollkornprodukte oftmals schwer verträglich sind.
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