
Für die Roggenkruste, ein Mischbrot aus zwei Drittel Roggenmehl und einem Drittel Dinkelmehl, setzen wir einen Tag vor dem Backen zwei Vorteige an. Einen hellen Teig aus Dinkelmehl, Wasser und Hefe. Und einen Sauerteig aus Roggenschrot, Wasser und Salz. Diesen impfen wir mit einem Stück reifen Sauerteigs, dem sogenannten Anstellgut. Das lassen wir 12 Stunden stehen, damit der Ansatz durchsäuern kann.
Der Zugang zu Sauerteig ist für Brotback-Novizen nicht einfach. Sauerteig ist eine lebendige Kultur aus einem Substrat, in der Regel Roggen, Weizen- und Dinkelmehl – und Wasser. In dieser Kultur tummeln sich Sauerteighefen und Milchsäurebakterien, die Brotteige lockern und dem gebackenen Laib einen eigenen Geschmack verleihen. All diese guten Geister – die Hefen, die Säurebakterien – schwirren um uns herum und müssen doch erst eingefangen und dann bei Laune gehalten werden. Wer einmal Erfahrung im Umgang mit Sauerteig gemacht hat, wird feststellen, dass solche Kulturen auch nicht schwerer zu hand haben sind als Zimmerpflanzen oder Haustiere. Mit der Zeit gewöhnt man sich aneinander und lernt sich verstehen. Mein Sauerteig jedenfalls hat mit der Zeit verstanden, was ich von ihm will.
Wie züchte ich einen Sauerteig?
In einem anderen Beitrag möchte ich versuchen zu erklären, wie man selbst einen Sauerteig heran zieht und pflegt. Das kann einerseits mit sehr viel Frust verbunden sein, weil es am Anfang einfach nicht so gelingen will, wie man das gerne möchte. Wahrscheinlich werden dafür mehrere Anläufe nötig sein. Gelingt die Geburt, ist das der Beginn einer neuen Dimension des Backens, das Tor zu einer großen Vielfalt an Aromen.
Während dessen kursieren viele sehr gute Anleitungen im Internet. Oder man besorgt sich ein Stück Sauerteig von einem lokalen Bäcker und setzt damit den Ansatz an. Abgepackte flüssige Sauerteige aus dem Supermarkt geben nur Geschmack. Sie lockern keine Teige, in ihnen sind keine aktiven Hefen mehr lebendig. Zum Ansetzen eines Sauerteiges eignen sie sich nicht, nur als Beigabe zu einem Teig.
Der Sauerteig
100 g 120 ml 20 g 2 g | Roggenschrot, mittel oder grob Wasser, 50 °C Anstellgut Salz |
Zwölf Stunden vor dem Backen setzen wir den Sauerteig an. Dazu nehmen wir Roggenschrot, warmes Wasser (45 – 50°C), Anstellgut und Salz und mischen alles zu einem flüssigen Brei. Den lassen wir bis zum nächsten Morgen stehen. Wer kein Roggenschrot hat, nimmt stattdessen Roggenvollkornmehl und 90 ml Wasser. Der Wasseranteil im Hauptteig sollte dann ebenso um 30 ml reduziert werden.
Die Sauerteighefen haben es gerne mollig warm. Ideal wäre eine konstante Temperatur um die 27, 28°C. Da Küchen aber nicht so warm sind, setzen wir den Sauerteig mit etwa 45 bis 50°C warmem Wasser an – der Ansatz hat dann eine Temperatur um die 35°. Die fällt dann im Laufe der Nacht auf Raumtemperatur (um die 22 °C), hat also im Mittel etwa 26°C. Ausreichend genug, damit Hefen den Ansatz lockern und Milchsäurebakterien ihn durchsäuern können.
Ein Wasserbad hilft
Ist der Ansatz am nächsten Morgen trocken und fest? Oder auf 20°C oder weniger abgekühlt? Dann hilft es, ihn noch einmal mit warmem Wasser (so heiß es aus der Leitung kommt) aufzufrischen und eine weitere Stunde stehen zu lassen. Oder man stellt den Teig für eine Stunde in ein warmes Wasserbad. Das hat eine enorme Wirkung. Der Ansatz wird noch einmal aufgehen und sehr viel milder riechen.
Der Vorteig
90 g 60 ml 0,5 g | Dinkelmehl 1050 Wasser, kalt Hefe |
Gleich hinterher rühren wir noch den Vorteig an. Abgedeckt ruht dieser in der Küche bei Raumtemperatur bis zum Ansetzen des Hauptteiges am nächsten Morgen.
Der Hauptteig, ergibt einen Laib mit ca 800g
240 g 150 g 100 g 100 g 60 g 8 g 3 g 3 g ca 150 bis 170 ml | Sauerteig Vorteig Roggenvollkornmehl Roggenmehl 1150 Dinkelmehl 1050 Salz Kümmel, gemahlen Hefe, kann auch weg gelassen werden Wasser, warm 30°C |
Am nächsten Morgen mischen wir aus den beiden Vorteigen und den restlichen Zutaten einen bindigen Teig. Den Teig können wir auch ohne Hefe machen. Dazu muss der Sauerteig allerdings triebstark sein. Das heißt, die Sauerteighefen müssen lebendig und in der Lage sein, den Teig auch ohne zusätzliche Hefe lockern zu können. Und der Teig sollte wärmer sein, gut 30°C und länger rasten.
Die Teigtemperatur beachten
Wer regelmäßig bäckt, sollte die Temperaturen der Teige im Auge haben. Kühler als 24°C sollte ein Brotteig nicht sein. Mehl und Wasser verquellen dann weniger gut miteinander. Und die Hefe braucht länger, um den Teig zu lockern. Ausnahmen sind Teige mit sehr wenig Hefe, die über längere Zeit bei kühlen Temperatur unter 7°C reifen. Da unser Teig aber schon zwei Vorstufen intus hat – also ein guter Teil des Mehles bereits verquollen ist und sich Zucker und Aromavorstufen schon gebildet haben – reicht eine Teigast von einer guten halben Stunde aus.
Bei kleinen Teigmengen ist das Einhalten der Temperatur aber nicht einfach. Gerät der Teig zu kühl, läßt man ihn einfach länger stehen. Als Faustregel gilt etwa: ist die Teigtemperatur fünf Grad zu niedrig, verlängert sich die Teigrast um das Doppelte.
Nach dem Mischen ruht der Teig für eine halbe Stunde. Anschließend stürzen wir den Batzen auf eine bemehlte Fläche – am besten ein Holzbrett – und formen eine rund Kugel daraus. Die setzen wir in ein Gärkörbchen (Simperl), verstreichen das Mehl auf der Oberfläche des Teiges und lassen ihn so ca eine Dreiviertelstunde ruhen.
Risse auf der Oberfläche
Währenddessen heizen wir den Ofen hoch auf 250°C und beobachten nebenbei die Oberfläche des Teiglings. Zeigen sich erste Risse, ist das ein sicheres Indiz, dass sich der Teig entwickelt.
Haben sich die Risse auf etwa 2mm verbreitert, stürzen wir den Teig auf eine bemehlte Backschaufel. Und lassen ihn dort noch einmal für ein paar Minuten ruhen, bis sich die Risse weiter auf ca. 3 bis 4mm verbreitert haben.
Backen
Anschließend lassen wir den Teigling von der Schaufel auf den aufgeheizten Backstein rutschen, schließen die Ofentüre und backen das gute Stück für ca 50 Minuten. Dabei reduzieren wir die Backtemperatur nach 10 Minuten auf 190°C. Ich gebe kein Wasser in den Ofen. Die Kruste reißt so rustikaler auf.
Die Ofenreife zu bestimmen, ist für Anfänger nicht einfach. Wird der Laib zu früh eingeschossen, reißt das Brot rustikal auf. Meist auch an der Seite. Das ist aber nicht weiter schlimm. Schmecken wird das Brot genauso.
Umrechnen auf größere Mengen
Das Rezept bringt es auf gerade einmal gut 800 g Teig. Wer einen größeren Laib backen möchte, rechnet das Rezept einfach um mit der Schlüsselzahl.
Dazu nimmt man das gewünschte Teiggewicht, sagen wir 1500g, und teilt diese Zahl durch das im Rezept angegebene Gewicht. Mit dem Teiler werden dann alle Komponenten einzeln multipliziert.
Schlüsselzahl = 1500g / 800 = 1,88
Statt 240g Sauerteig nimmt man dann eben 240 x 1,88 = 450g Sauerteig aus 100 g Roggenschrot x 1,88 = 190 g Roggenschrot, und so weiter.